Seine Fotos nehmen sofort gefangen. Das Auge saugt sich fest an schönen Körpern in hochglänzendem, hautengem Latex. Dem Fotografen Matthias Wallmeier gelingt es in seinen Szenen stets, die Fantasie anzuregen, ohne dabei ins Pornographische abzugleiten.

Ein kurzes Gespräch über ein faszinierendes Material.

Beim Betrachten Deiner Fotos fällt immer wieder das szenische Element ins Auge – perfekt arrangierte Kompositionen mit Elementen aus Science Fiction- und Endzeitfilmen. Manchmal aber auch durchbrochen von verspielt romantischen Motiven. Welche Filme oder literarische Werke haben Deine Arbeit besonders inspiriert?

Als Sience Fiction und Fantasy Fan haben mich sicherlich am meisten die Star Wars Filme und die Herr der Ringe Reihe geprägt, wobei ich in meinen Arbeiten überwiegend Science Fiction Elemente verarbeite. In meinen Augen harmonieren futuristische Elemente im Zusammenspiel mit moderner Architektur am besten mit der Hochglanzoberfläche von Latex.

Latex-Kleidung ist mittlerweile fast salonfähig geworden. Promis wie Paris Hilton, Heidi Klum oder Katy Perry ließen sich bereits in Latex-Outfits ablichten. Siehst Du dies als Chance, Deine Leidenschaft auch Außenstehenden näher zu bringen oder fühlst Du Dich eher missverstanden, wenn Dein Fetisch im Modebusiness funktionalisiert wird?

Über dieses Thema ließe sich sicherlich in epischer Breite diskutieren.
In meinen Augen ist die Akzeptanz von Latexbekleidung in der Öffentlichkeit nur vordergründig und aufgesetzt. Sicherlich gibt es auch viel positive Resonanz bei meinen Outdoor Shooting seitens Passanten die zufällig vorbeikommen. Jedoch ist das Thema Latex und Fetisch weitestgehend immer noch tabuisiert bzw. mit vielen negativen Vorurteilen belegt. Dazu trägt sehr viel die einseitige und sehr klischeebehaftete Darstellung in den Massenmedien bei. Sicherlich versuche ich mit meinen Fotos Latex auch stilvoll und elegant darzustellen. Eine Art von Aufklärung möchte ich aber keinesfalls betreiben. Jeder, der sich mit meinen Fotos beschäftigt, sieht in ihnen das, was er sehen möchte. Kunst liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.

Der Anblick fasziniert zweifellos, aber als Außenstehender fällt es dann doch schwer, zu erkennen, was den erotischen Reiz von Gasmasken mit Schläuchen und Vollmasken aus Latex ausmacht. Was passiert im Innern, sobald die Maske übergezogen wird?

Für Außenstehende ist sicherlich schwer nachvollziehbar, was den Reiz dieser Darstellung ausmacht. Was mit einer Person passiert, die sich eine Maske überstreift, ist nicht zu pauschalisieren. Ich habe mich schon oft mit Menschen, die Latex und im Besonderen Masken als Fetisch haben, unterhalten. Oft wird dabei gesagt, dass man unter einer Maske abschalten, die Umgebung vergessen kann. Auch sprechen viele davon, dass sie in eine andere Rolle schlüpfen, sobald die Maske aufgesetzt wird. Der erotische Reiz entsteht in der Tat nur dann, wenn man einen sexuellen Bezug zu dem Thema entwickelt; dann spricht man ja auch von einem Fetisch. Dies zu erklären, was mit dem Körper passiert, ist unmöglich.
Man muss es selbst erfahren. Entweder man mag es oder man mag es eben nicht.

Meine Kollegin, die unsere Schneiderei leitet, hat mich vor ein paar Wochen das erste Mal in eine Latexkleid gesteckt. Und ich war überrascht, wie gut sich das anfühlte. Was war Dein erstes Kleidungsstück aus Latex und wie hat sich Dein Fetisch von diesem Moment an entwickelt?

Mein erstes Kleidungsstück war ein Catsuit. Catsuits aus Latex sind für mich nach wie vor DAS Bekleidungsstück im Bereich Fetisch. Ein Catsuit kann sehr elegant sein, ist aber auch die Basis für ein Heavy Rubber Outfit mit Maske, Gasmaske, Schläuchen etc.. Latex ist und wird immer mein Fetisch sein. Einmal angefixt, hat mich das Material nicht mehr losgelassen. Je mehr Latex, umso besser. Ich sage immer, dass ich meine Modelle für Fotos lieber an- als ausziehe. Es gibt sicherlich mittlerweile viele sehr schöne Farben und Muster aber für mich ist die eigentliche Latexfarbe nach wie vor schwarz.

Du arbeitest mit vielen wunderschönen Models zusammen. Worauf achtest Du bei der Auswahl Deiner Modelle? Wer würde Dir nicht vor die Linse kommen?

Ich arbeite sehr gerne mit Modellen zusammen, die nicht dem Standard eines Models entsprechen. Sei es, dass sie eigentlich für das modeln zu klein sind oder eine 40er Größe tragen, ob sie tätowiert oder gepierct sind. Für mich ist das Gesicht einer Frau entscheidend. Gefällt mir das Gesicht nicht, werde ich auch keinen Bezug zu der Frau als Model bekommen. Das größte KO jedoch ist ein Charakter, der meinen Vorstellungen nicht entspricht. Unzuverlässigkeit, Arroganz, Launenhaftigkeit sind die Wesenszüge, bei denen eine Zusammenarbeit nicht funktionieren wird.

Zum Schluss noch eine ganz pragmatische Frage. Du stehst nicht nur hinter der Kamera, sondern arbeitest zudem seit 2004 auch selbst als Model. Jeder Amateur, der versucht hat, erotische Fotos von sich machen zu lassen, merkt schnell, dass der Job verdammt schwierig ist. Hast Du einen Tipp für uns, wie man auch als Laie einen halbwegs sinnlichen Gesichtsausdruck hinbekommt ohne dabei albern auszusehen?

Seit ein paar Jahren stehe ich nur noch sehr sporadisch vor der Kamera. Ich muss mich sehr wohl fühlen um mich darauf einlassen zu können.
Sei Du selbst, verstell dich nicht zu sehr. Wenige Menschen, die nicht grade geschult sind oder schon öfter vor der Kamera gestanden haben, sind in der Lage, schauspielerisch in eine Rolle schlüpfen zu können. Deswegen ist für mich auch Authentizität sehr wichtig, wenn ich mit Anfängern zusammen arbeite.

Matthias Wallmeier präsentiert seine außergewöhnlichen Fotos in Ausstellungen und bekannten Fetisch- und Lifestyle-Magazinen wie „Heavy Rubber“ und „Dark Spy“.

Noch mehr Fotos und Informationen zum Künstler findet Ihr hier:

Homepage: http://www.eigenart-fotographie.de/

Facebook: https://www.facebook.com/EigenART-fotographie-186926034789842/?fref=ts

 

Lilium

Lilium

Lilium hat ihr Studium in Literaturwissenschaften und Mediävistik mit dem Schwerpunkt Sadomasochismusforschung abgeschlossen und lebt ihre BDSM-Neigung auch im Alltag offen aus. Die gebürtige Berlinerin ist nicht nur wahnsinnig neugierig darauf, was andere zu erzählen haben, sondern gibt zudem gerne einen Einblick in ihre ganz privaten Leidenschaften.

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