How to use a Bullwhip – ein Selbstversuch
Das charakteristische Knallgeräusch der Bullwhip ist unvergleichlich, genau wie deren Anblick. Wenn ich mich gedanklich in meine Kindheit zurückversetze, sehe ich mich vor dem Fernseher sitzen. Michèle Mercier als schöne, rotgelockte Angélique, halbnackt an einen Pfahl gebunden, hinter ihr eine Hand, die eine Bullwhip hält. Ich kann mich kaum noch an die Handlung des Films erinnern, aber ich habe damals vermutlich das Band der VHS-Videokassette ausgeleiert, so oft, wie ich mir diese Szene in der Wiederholung ansah. Heute schäme ich mich ein wenig dafür, aber wo die eigenen Fetische ihren Ursprung haben, kann man sich schließlich nicht aussuchen. Jahre später, als ich meine ersten Erfahrung mit der Bullwhip machte, fühlte ich mich tatsächlich ein wenig wie Angélique. Die Arme nach oben gebunden und mit einer Kette an einem Wandhaken befestigt. Nackt, erregt und in Spiellaune. Dieses wunderschöne Schlaginstrument vor mir. Endlich. Bis mich der erste Schlag traf. Ich bin nicht mehr sicher, welche unfeinen Flüche ich damals ausgestoßen habe, aber es waren vermutlich eine ganze Menge. Es tat verdammt weh, ganz anders als alles, was ich bisher kannte. Es fühlte sich an, als hätte man mir mit dem Messer einmal quer über den Rücken geschnitten. Weitere Schläge folgten, die Peitsche schlang sich um meinen Bauch, traf auf meinen Hintern und überraschte mich bei jedem Schlag mit einem ganz neuen, intensiven Schmerz. Unsere Session dauerte die ganze Nacht und als ich am nächsten Morgen in den Spiegel blickte, war ich entzückt und begeistert. Lange, rot-violette Striemen zogen sich über meinen Rücken, meinen Arsch und meine Brüste. Und ich wollte mehr davon.
Aber wie sieht es auf der anderen Seite aus? Als dominanter Part nimmt man wohl kaum einfach eine Bullwhip in die Hand und prügelt drauf los. Jedenfalls nicht, wenn genug Hirnmasse in sinnvoller Kombination mit Verantwortungsbewusstsein vorhanden ist. Voller Enthusiasmus und der Überzeugung, dass ich, da ich keine Probleme mit einem Tennisschläger habe, sicherlich auch mit einer Peitsche umgehen kann, stellte ich mich der Herausforderung. Ich wollte versuchen, eine Bullwhip zum Knallen zu bringen – auf Überschallgeschwindigkeit. Nicht mehr länger Angélique sein, sondern die Hand mit der Peitsche, zumindest was die Theorie anbelangt.
Ich ließ die gut ein Meter zwanzig lange Bullwhip mit eine m kräftigen Schwung an meinem rechtem Ohr vorbeischnellen und merkte dabei, dass die Peitsche die Eigenschaft besitzt, ebenso schnell zurückzuschlagen und ein unbedachter, falsch geführter Schlag auch noch durch Jeansstoff hindurch ziemlich schmerzhaft ist. Ein paar Schläge später, die allesamt nicht dort landeten, wo ich sie angedacht hatte, sondern eher in einer unfreiwilligen Selbstgeißelung endeten, beschloss ich es mit kleinen Kreisen am Boden zu versuchen. Kleine Kreise sind gut. Kleine Kreise sind ungefährlich. Es sei denn, man schlägt sich permanent dabei auf den Fuß. Das Erste, was ich über das Üben mit einer Bullwhip lernte, war also, dass es nicht verkehrt ist, sich mit angemessener Schutzkleidung auszustatten. Auch ein Schutz für die Augen ist empfehlenswert. Eine einfache Sonnenbrille leistet hier bereits gute Dienste. Meine hatte ich zusätzlich mit Klebeband am Kopf befestigt, was in der Tat albern aussieht, aber enorm hilfreich ist.
Ich schlug auf den Wäscheständer ein, auf das Sofa, auf die Wand. Aber die Peitsche knallte nicht. Die Peitsche beförderte statt dessen einige herumliegende Gegenstände in die Luft, wo sie unkontrolliert herumflogen. Das man nicht unbedingt in einem Raum mit chinesischem Porzellan mit einer Bullwhip üben sollte, war mir bewusst. Nicht aber, dass ich Gefahr laufen würde, von einem herumfliegenden Kugelschreiber beschossen zu werden. Zweite Lektion: Neben ausreichend Raum benötigt man zum Üben vor allem auch einen Raum, der aufgeräumt ist. Nach einer Weile lernte ich, meinen Körper möglichst schnell aus der Gefahrenzone zu bringen, was allerdings zur Folge hatte, dass ich mich mehr darauf konzentrierte, nicht von der Peitsche getroffen zu werden, als darauf, die Bullwhip fachgerecht zu schwingen. Nach einer weiteren Stunde, in der ich manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich „hüpf vor der Peitsche weg“ spielte, entschied ich, meinen Bemühungen fürs Erste einzustellen und meinem Arm eine Pause zu gönnen. Dritte und letzte Lektion: Eine Bullwhip zum Knallen zu bringen ist kein leichtes Unterfangen, vor allem, wenn man, wie ich, weder über ausreichend Feinmotorik, noch über die nötige Geduld verfügt. Und ich weiß es nun um so mehr zu schätzen, wenn der dominante Part dieses Schlaginstrument beherrscht.
Zum Austausch und zum Üben gibt es übrigens die passenden Stammtische. Mit viel Raum und vor allem mit Menschen, die ihre Expertise teilen. An jedem 2. Donnerstag ab 19:30 Uhr auch in Hamburgs Catonium.
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